02 Feder
Um Viertel nach Zwölf schwebt eine Feder zur Erde (kann sein, sie gehört zu einem Engel). Sie bleibt an einem Zweig hängen, den ein älterer Herr im Vorübergehen streift. Drei Schritte lang wird sein Gang leicht. Dann erfasst eine Windböe die Feder. Sie landet im Gitarrenkoffer des Straßenmusikanten, der sich gerade aufgebaut hat. Die ersten Töne, die er spielt, kommen nicht von ihm, sondern von weit her, so scheint es ihm. Sie tragen die Feder weiter zu Dora, die stehen geblieben ist, als sie diese Töne hörte. „Du hast da eine Feder im Haar,“ sagt ein Fremder neben ihr. Er lächelt verlegen. Dora lächelt zurück und tastet nach der Feder. „Stefan,“ sagt er, reicht ihr die Hand und zupft mit der anderen die Feder aus ihrem Haar. Zwei Tage später, als sie sich zum Kaffeetrinken verabredet haben, trägt Stefan ein hellblaues Jackett. Als Dora das Café betritt, sitzt er schon am Tisch. Er trägt eine Feder im Knopfloch. Kann sein, sie gehört zu einem Engel, denkt Dora.



