Es gibt Situationen, Themen oder auch Zeiten, die mich zweifeln lassen, dass am Ende alles gut wird. Gut ist, die Kirche heute und durch das ganze Jahr einen Zuspruch für uns bereithält. Die Jahreslosung für das Jahr 2020 ist dem Markusevangelium, dem 9. Kapitel, Vers 24 entnommen: „Ich glaube; hilf meinem Unglauben.“
Ein Vater kommt mit seinem kranken Sohn zu Jesus, in der Hoffnung auf Heilung. Zuvor hatte er sich an die Jünger gewandt – erfolglos. Sie hatten sich vergeblich bemüht, das Kind zu heilen.
Der Vater ist selbst bei Jesus nicht so richtig überzeugt, dass er seinen Sohn heilen kann – wie denn auch? Er artikuliert seine Zweifel lautstark: „Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns!“ Jesus hört den Zweifel aus den Worten des Vaters klar heraus und antwortet ihm: „Du sagst: Wenn du kannst …!“ Und dann sagt er betont deutlich: „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“
Darauf schreit der Vater, der wegen der Krankheit des Sohnes so verzweifelt ist: „Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“
Es gibt viele Menschen, die wie der Vater angesichts des kranken Sohnes verzweifeln oder schreien könnten und fragen: „Worauf können wir hoffen?“ In vielen ist dennoch nicht selten der Wunsch, stärker auf das Gute vertrauen zu können. Doch Vertrauen kann ich mir nicht befehlen. Ich kann aber einiges dafür tun, dass es mir leichter fällt.
Indem ich mich immer wieder an die Gelegenheiten erinnere, in denen ich Gottes Hilfe und Fürsorge, seinen Schutz und Segen erfahren habe. Ich hoffe, es gibt in jedem Leben viele dieser Erfahrungen. Ich möchte sie nicht vergessen, damit ich beim nächsten Mal, wenn der Zweifel an mir nagt, nicht so schutzlos bin. Übrigens, auch Dankbarkeit stärkt Vertrauen und Glauben. Wenn ich nicht alles für selbstverständlich nehme, öffnet mir die Dankbarkeit die Augen für Gottes Liebe und Wirken in meinem Leben.
Und das wichtigste „Hilfsmittel“ für das GOTT-Vertrauen ist in meinen Augen das Gebet.
„Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“ Dieser Verzweiflungsschrei ist ja auch ein Gebet. Eine flehende Bitte um Gottes Hilfe, dass mein Glaube und mein Vertrauen stärker sind als der Zweifel und der äußere Anschein, der meinen Zweifel nährt.
Nach aller menschlicher Erfahrung ist der Wunsch des Vaters nach Heilung seines Sohnes wirklich unrealistisch. Sogar noch vor den Augen Jesu packt den Sohn ein Anfall. Er stürzt zu Boden, hat Schaum vor dem Mund. So offensichtlich ist die Krankheit. Wie soll Heilung da noch möglich sein? Aus medizinischer Sicht ist da nichts mehr zu hoffen, geschweige denn, zu machen. Ist das auch eine der Stimmen unserer Tage?
Glauben aber kann heißen, Gottes Möglichkeiten höher einzuschätzen als manch menschliche Erfahrung.
Und um dieses Vertrauen, um diesen Glauben kann ich Gott bitten. Am Ende der Geschichte fragen die Jünger Jesus, warum sie den Jungen nicht heilen, den Dämon nicht austreiben konnten. Jesus antwortet: „Diese Art kann durch nichts ausfahren als durch Beten.“
Vielleicht bezieht sich das auch auf die „Dämonen“ Zweifel, Panik, Angst und Unsicherheit die uns zuweilen arg plagen.
In meinen Augen ist die Jahreslosung eine Einladung zum beständigen Gebet und Glauben, dass am Ende alles gut wird.
In meinem Leben hat es so viele Dinge gegeben, die eigentlich nicht hätten geschehen können oder die nach einhelliger Meinung unmöglich waren. Und dennoch gehören sie zu meinem Leben. Viele andere Dinge, die ich für möglich und manchmal dringend nötig gehalten habe, sind nicht eingetreten, wurden nicht erfüllt. Doch es ist an mir, mich zu entscheiden, was mich stärker prägt oder meine Sicht auf die vor mir liegende Zeit bestimmt. … „Alle Dinge sind möglich, denen die da glauben.“
Ihr Pfarrer Sebastian Wilhelm